Menschlichkeit wäre mal angebracht!

Das sind meine Mama und ich am 25.08.2012! Meine Mutter hatte Demenz und wir Kinder mussten sie ins Heim bringen......wir haben sie ganz langsam verloren und mussten täglich ein Stück mehr Abschied von ihr nehmen. Zuerst fing sie an, sich unentwegt zu wiederholen, dann fing sie an, ab und zu unsere Namen zu vergessen, dann endgültig. Wir mussten den Herd in ihrer hutzligen Hobbitwohnung abstellen und alle möglichen Gefahrenzonen sichern. Sie vergaß zu trinken und dehydrierte und landete im Krankenaus. Meine Mutter liebte Klassische Musik und nun kommt der Witz - sogar Frank Zappa und ausgerechnet den Titel " Stick it out " - sie konnte kein Englisch, aber sie mochte das Stück sehr und hat es oft und laut gehört! Sie laß wie eine große - die dicksten Schinken, die man sich nur denken kann - aber dann konnte sie immer schlechter sehen und hören und erst begann es, dass sie nicht mehr lesen konnte und später auch keine Musik mehr hören konnte.....dann konnte sie nicht mehr alleine Essen und gehen und musste gewickelt werden - aber die Zeit, in der sie mitbekam, dass mit ihr etwas nicht stimmt, war so unfassbar schlimm für sie und für uns, dass es kaum zu ertragen war....unsere geliebte Mutti wurde nun zu unserem Kind. Wir mussten alles entscheiden und klären. Aber bevor sie zu unserem Kind wurde, hatten wir eine Heldin bis zu ihrem Tode als Mutter! Sie brachte uns bei, Menschen mit Respekt zu begegnen, keine Unterschiede zu machen, Kulturen zu akzeptieren und wenn wir es auch noch so schräg fanden. Sie brachte uns Bescheidenheit bei und Weitsicht. Sie überließ uns, ob wir Konfimiert werden wollen oder nicht. Sie ließ uns gehen und wusste, dass unser Band so dick und fest ist, dass wir immer wiederkommen werden und das habe ich bei ihr bis zu ihrem Tode gemacht. Sie war meine Mama, meine Vertraute und meine Freundin. Auch wenn sie im stolzen Alter von 92 Jahren gestorben ist, war sie dennoch eine fantastische Frau mit viel Wissen und der Ruhe in sich selbst! Sie war in ihrer ersten Ehe mit einem Juden verheiratet - er hier Erich Helm, ich möchte den Namen schreiben, weil er meine Mutter liebte und mit ihr 2 Halbgeschwister für uns auf die Welt gebracht hat. Erich Helm war der Ausbilder meiner Mama im Zirkus - sie lernten sich dort kennen und lieben und zogen mit Zirkus Sarasani und später Busch / Krone durch die Lande - tolle Mutter, ne? Sie war Artistin und ihr Mann Erich hielt das Trapetz in 12 Meter Höhe im Mund an dem sie arbeitete! Diese beiden lebten in der NS - Zeit und waren politisch alles andere als braun angehaucht. Sie haben sogar im Zirkus Juden versteckt und ermöglicht vor dem NS - Regime zu fliehen. Eines Tages musste Erich zu einem Amt um seine Papiere zu erneuern und bekam einen Termin. Meine Mama ging mit. Als sie in dem Raum saßen ist der Sachbearbeiter kurz aus dem Raum um etwas zu erledigen und da sah Erich einen Zettel liegen, wo drauf stand ! Sterilisationsantrag für Erich Helm! Daraufhin sind beide einfach abgehauen und auch geflohen. Sie haben niemandem etwas gesagt. Nicht der Familie, nicht den Freunden, weil sie wussten, dass das den Tod bedeuten kann und zwar für alle. Gut, ihre beiden Brüder hat meine Mutter nie wieder gesehen - was mit denen geschehen ist, ist nie rausgefunden worden. Nur ein Bruder hatte überlebt, den sie nach 30 Jahren wiedergefunden hatte. Jedenfalls haben meine Mama und Erich 2 Töchter geboren und noch eine zauberhafte Zeit als Ausblider beim Zirkus gehabt, bis Erich eines Tages in den Armen meiner Mama an Asthma verstarb. Einige Jahre danach lernte sie meine Papa kennen und die beiden zeugen dann auch noch mal schnell 4 Kinder, wovon ich die jüngste bin. Mein Vater konnte 9 Sprachen fließend und war Dolmetscher. Er saß 9 Jahre in Russland in Gefangenschaft. Aber er war der tollste Papa, den man sich vorstellen konnte. Er hat immer Spßa mit uns gemacht und uns auch viel beigebracht. Vor allem, dass wir uns selber Lieber lernen um andere Lieben zu können. Auch sich selbst immer im Spiegel anschauen zu können und zu wissen, dass wir alle Fehler machen, aber dazu auch stehen müssen. Allerdings hat mein Papa jedes Jahr zu Heilig Abend bitterlich geweint. Was daran lag, als noch Krieg war, war zu Heilig Abend Bombenalarm und alle versteckten sich im Bunker und als der Bombenalarm vorbei war, ging er raus um nach seinem Freund zu sehen.....er fand ihn unter seinen Füßen! Er stand raußen und hörte unter sich ein furchtbares stöhnen und da sah er erst, dass er in den Gedrämen seines Freundes stand, welcher von Granatsplittern zerfetzt wurde. Das hat meinem Vater das Herz gebrochen. Später, als wir älter waren und mitbekamen, was zu der Zeit alles passiert ist, haben wir unsere Eltern danach gefragt und sie haben mit uns darüber geredet. Meist mit Tränen in den Augen. Weil sie Freunde und Familie zum Teil nie wieder gesehen haben und nicht wissen ,was mit ihnen passiert ist. Meine Mutter hat ihre Mutter noch quietschfiedel gesehen, bevor meine Mutter mit ihrem Mann floh - danach hat sie ihre Mutter nie mehr gesehen - sie hat es nicht mal zu ihrer Beerdigung schaffen können. So grausam war diese Zeit und mein Vater hat gesagt, dass sollte sowas jemals wieder passieren und er noch Leben, würde er sich das Leben nehmen! Sie haben uns Kindern beigebracht, dass man gegen Ungerechtigkeiten kämpfen muss, dass man sich für schwächere einsetzen muss und dass man jede Kultur und Religion akzeptieren muss. Aber sich um nichts in der Welt instrumentalisieren lassen darf. Einen eigenen Kopf haben und wissen, was Menschlichkeit und Würde bedeutet. Sie haben immer zu uns gesagt, passt auf Menschenmassen auf, die einfach nur nachplappern und andere für sich als Sprchrohr nutzen und genau das passiert gerade um uns herum. Massenweise blasen wieder viele ins gleiche und kranke und Menschenverachtende Rohr. Auch wenn ich meine Eltern liebend gerne noch bei mir hätte - ( mein Vater starb leider schon mit 50 und wie wir sagen, am gebrochenen Herz ) - aber ich bin froh, dass sie das was jetzt passiert, nicht mehr miterleben müssen. Mein Vater würde druchdrehen und alles käme ihm wieder hoch....meiner Mutter erginge es ähnlich! Sie würden so traurig darüber sein, dass ihre Kinder sowas miterleben müssen. Meine Eltern haben rechtzeitig ihren Urlaub hier auf dem Erdball beendet....es war eine lange, schmerzhaft Reise aber auch mit wunderschönen Momenten, als wir wildgewordenen Kinder bei ihnen waren. Das haben sie uns immer gesagt. Das sie dieses Glück in Sicherheit leben und erleben durften und sich keine Angst um ihre Kinder machen mussten - jetzt würden sie es wieder machen und ich bin froh, dass sie dieses Trauma nicht nochmal erleben müssen. Ich vermisse sie beide sehr und das wird wahrscheinlich auch nie aufhören - und ich bin stolz, solche Eltern gehabt zu haben, die sich gegen dieses kranke Regime aufgelehnt haben und andere Menschenleben gerettet haben. Und jetzt sind wir wieder in so einer kranken Situation, wo Menschenmassen die gleichen Praolendrescher sind wie vor vielen vielen Jahren schon mal und genauso Hassbeladen und Feindseelig sogar gegen Kinder auftreten. Tägliche Hetze und Lügen und Übergriffe und Brutaltitäten! Aber eines mache ich immer noch und da weiss ich, dass meine Eltern stolz auf mich wären - ich setze mich weiterhin zur Wher und trete diesen ganzen Dummschwätzern und Empathilosen und Hirnlosen Menschen mit erhobenen Haupt und der Faust am Kopf entgegen! Ich lass mich nicht einlullen und klein machen und erst Recht lass ich mir keine Angst machen. Am liebsten würde ich schreien " LASST UNS ALLE AUFSTEHEN UND GEGEN DIESEN HASS KÄMPFEN UND AUFBEGEHREN " und ganz viele würden es hören und tun....dass wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung finde ich!

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